Patienten mit Nierenerkrankungen nehmen wegen anderer Erkrankungen oftmals viele Medikamente ein. Es ist nicht selten, daß dies zu Problemen führen kann. Im Zweifelsfall sollte man daher den behandelnden Arzt auf das Vorliegen einer Nierenerkrankung hinweisen oder Rücksprache mit dem Hausarzt bzw. dem behandelnden Nephrologen nehmen.
Die folgenden Beispiele mögen dies verdeutlichen:
Viele Medikamente werden bei Nierenfunktionseinschränkungen im Körper angereichert, weil sie nicht ausreichend abgebaut oder ausgeschieden werden. Sie können dann Nebenwirkungen entfalten.
Hierzu zählen viele Antibiotika (z.B. Gentamycin), aber auch bestimmte Morphinpräparate.
Bestimmte Medikamente wirken bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht effektiv.
Hierzu zählen Thiaziddiuretika, welche ab Stadium III-IV der Niereninsuffizienz allein meist nicht mehr effektiv sind und daher durch andere Medikamente (Schleifendiuretika) ersetzt werden sollten.
Andere Medikamente sind bei Nierenerkrankungen schädlich für die Nieren selbst.
Hierzu zählen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen und insbesondere Mischpräparate von Schmerzmitteln. Sie sollten vermieden werden.
Die Schädlichkeit dieser Medikamente wird verstärkt, wenn gleichzeitig wichtige Medikamente wie ACE-Hemmer oder AT1-Blocker gegeben werden, wenn Flüssigkeitsmangel vorliegt (z.B. bei Durchfall) oder Kontrastmittel gegeben werden muß.
Kontrastmittel können die Nierenfunktion schädigen und sollten daher nur in Abwägung von Nutzen und Risiko für die Nierenfunktion eingesetzt werden. Ist Kontrastmittelgabe unvermeidbar, sollte vor und nach der Kontrastmittelgabe auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
Bestimmte Osteoporosemittel (wie Alendronsäure) sollten bei stärker eingeschränkter Nierenfunktion (Stadium IV) nicht mehr gegeben werden. (In diesem Zusammenhang darf auch erwähnt werden, daß bei Dialysepatienten die Interpretation von Knochendichtemessungen schwierig ist, da bei ihnen komplexe Störungen des Knochenstoffwechsel vorliegen).
Bestimmte Medikamente beeinflussen Funktionen, für die die Nieren zuständig sind, ungünstig.
-So sollte Metformin, ein wichtiges Diabetesmedikament, bei Niereninsuffizienz Stadium ab Stadium 4 nicht mehr eingesetzt werden.
-Das wichtige Medikament Spironolacton, was bei Herzschwäche, Ödemen oder Bauchwasser eingesetzt wird, kann bei eingeschränkter Nierenfunktion in Zusammenhang mit NSAR, ACE-Hemmern, AT1-Blockern oder Kontrastmittel zu gefährlichen Erhöhungen des Kaliums führen. Kontrollen des Kaliumspiegels sind daher unerläßlich.
-ACE-Hemmer und AT1-Blocker werden bei Bluthochdruck, Herzschwäche und auch bei Nierenerkrankungen eingesetzt. Auch sie können bei Flüssigkeitsmangel (Durchfall, Erbrechen) oder in Kombination mit den o.g. Medikamenten eine Verschlechterung der Nierenfunktion und Erhöhungen des Kaliumspiegels herbeiführen.
Dennoch werden gerade diese Medikamente oft auch vom Nephrologen eingesetzt, da sie gleichzeitig auf lange Sicht die Verschlechterung der Nierenfunktion verzögern können (z.B. bei der diabetischen Nierenschädigung oder starkem Eiweißverlust über die Niere)! Dies ist ein Beispiel dafür, daß positive und negative Wirkungen von Medikamenten sehr dicht beieinander liegen können.
Medikamente, die gerade bei Nierenfunktionseinschränkungen oft eingesetzt werden müssen, sind:
-ACE-Hemmer und AT1-Blocker (s.o.), sowie andere Blutdrucksenker
-Diuretika zur Verbesserung der Flüssigkeitsausscheidung
-Phosphatsenker, da eine Diät meist nicht ausreicht
-Vitamin-D Präparate zur Behandlung der Knochen- und Nebenschilddrüsenstörungen
-Erythropoietin bzw. seine Abkömmlinge und Eisenpräparate zur Behandlung der Blutarmut
-Bicarbonat bei Übersäuerung des Blutes
-Kaliumbinder, wenn der Kaliumwert zu hoch ist
-Infektionen der Niere müssen ggf. mit Antibiotika behandelt werden.
-Aggressive Nierenentzündungen mit Gefahr für den Verlust der Nierenfunktion werden teilweise mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva), behandelt. Teilweise kann dies einer richtigen Chemotherapie entsprechen. Hierzu zählen Cyclophosphamid, Azathioprin, Ciclosporin, Tacrolimus oder Mycophenolsäure oder Antikörper wie Rituximab.
Die medikamentöse Therapie von Nierenerkrankungen ist immer eine individuelle Abwägung von Nutzen und Risiko. Die Wirkung ist natürlich maßgeblich von der korrekten Einnahme der Medikamente abhängig. Bei Nebenwirkungen oder Problemen mit der Einnahme sollte daher immer eine Rücksprache erfolgen.
Da die medikamentöse Therapie einer der teuersten Faktoren im Gesundheitswesen ist, sind Ärzte und Apotheken verpflichtet, kostengünstige Präparate abzugeben, auch wenn das für den Patienten bedeutet, daß sich der Name des Medikaments (bei gleichem Wirkstoff) ändern kann. Teuere Originalpräparate können nur in medizinisch begründeten Fällen rezeptiert werden. Hierfür bitten wir um Verständnis.